Die Anfänge: Mein erstes Portrait

Veröffentlicht am 2. April 2025 um 17:45

Soll ich oder soll ich nicht? In Gedanken habe ich diese Zeilen schon zigmal geschrieben – es war ganz leicht. Selbstverständlich, natürlich und irgendwie auch befreiend. Bis zu dem Punkt, mein erstes Portrait dann tatsächlich zu veröffentlichen. Es fühlt sich an die ein unvorteilhaftes Kinderfoto, das bei einer Feier herumgereicht wird – ein Moment den sicher viele kennen.

Erstes Brandmalerei-Portrait meines Mischlingshundes, das die unperfekte, aber liebevolle Darstellung seines Charakters zeigt.

Das (Original) loslassen

Ich bin Perfektionistin – nicht, weil ich will, sondern weil es mir mitgegeben wurde. Es fällt mir schwer vom Original loszulassen. Oft ist das aber unumgänglich, ein Portrait ist kein Foto und das soll es auch nicht sein. Es ist nicht möglich jedes einzelne Haar genau zu Platzieren. Vielmehr ist es wichtig, den Gesamteindruck einzufangen. Das ist es letztendlich, was das Portrait natürlich und weich erscheinen lässt.

 

Den Ausdruck einfangen

Den Ausdruck einzufangen, ist insbesondere wichtig, wenn die Vorlage nicht optimal ist. Ich verstehe es durchaus, wenn man ein Lieblingsbild hat, mit dem man viele schöne Erinnerungen verbindet. Oft handelt es sich dabei um Schnappschüsse, bei deren Entstehung sich niemand um die visuelle Umsetzung in ein Porträt Gedanken gemacht hat. Bei einem Bild mit Gegenlicht, verschwommenen Konturen und Spiegelungen bleibt dann oft nur die Situation einzufangen – indem man zusätzliche Dinge abbildet (z.B. eine Pflanze, hinter der das Tier liegt) und wenn möglich Details aus einem anderen Bild hineininterpretiert. Mein erstes Portrait zeigt meinen inzwischen verstorbenen Hund seinen Kopf an meiner Hand, während ich ihn streichle – ein Moment voller Zuneigung und Verbundenheit.

 

Leider habe ich beim ersten Portrait das Format viel zu klein gewählt – so ist das eben in den Anfängen. Beim nächsten Bild kann man bereits eine deutliche Entwicklung erkennen. Ja, es ist der gleiche Hund, aber ein anderes Motiv. Schaut Euch nur diese wunderschönen Augen an!

 

Bei der Arbeit mit unvorteilhaften Vorlagen versuche ich stets, das Maximum herauszuholen. Eine wichtige Methode ist die digitale Nachbearbeitung am Computer. Hierbei helle ich bestimmte Bereiche auf, um Details besser sichtbar zu machen, oder füge mehr Kontrast hinzu, um den Verlauf des Fells deutlicher darzustellen. 

Zusätzlich nutze ich weitere Bilder als Referenz, um mir einen umfassenden Eindruck des Tieres zu verschaffen. Oft hilft es auch, Gespräche mit dem Kunden zu führen, um genau zu verstehen, welches Ergebnis gewünscht wird und welche Aspekte besonders betont werden sollen.

 

Ein konkretes Beispiel hierfür ist ein Tierschutzhund eines Kunden. Bei diesem Hund waren aufgrund schlechter Haltung die Zähne stark abgerieben, sodass nur noch Stummel übrigblieben. Mein Ziel war es nicht, einen anderen Hund zu Brandmalen, sondern den optischen Eindruck so zu verbessern, dass die Charakteristik des Tieres erhalten bleibt und gleichzeitig eine ansprechendere Darstellung entsteht.

 

Auch das bedeutet loslassen…

 

 

Weniger ist oft mehr. 

Ja, ich bin detailverliebt… Meine Kunden mögen dies, mein Umfeld verzweifelt manchmal. Und ich muss mir eingestehen „weniger ist oft mehr“ – man kann Momente durch zu viel Worte kaputt machen und so ist es auch beim Portrait mit zu viel Inhalt.

 

Was bedeutet das? Kann ein Portrait zu viel Inhalt haben? Ja und nein – ich persönlich finde der Ausdruck eines Portraits kann nie zu viel sein. Die Überladung mit Details schon. Ein Portrait lebt durch die Augen, egal ob offen oder geschlossen – sie sind der Mittelpunkt. Sicher kennt ihr das Sprichwort: „Die Augen sind die Fenster zur Seele.“ Sie wecken Emotionen und erzählen Geschichten, und genau darum geht es beim Portrait.

 

Wenn ich nun ein Bild habe, bei dem die Augen nur noch als schwarze Punkte erscheinen, wird es herausfordernd, diese Verbindung herzustellen. In solchen Fällen ist es wichtig, mit anderen Elementen zu arbeiten und nicht krampfhaft Wimpern herbeizuzaubern, die nicht sichtbar sind. Augenbrauen beispielsweise geben dem Gesicht einen Rahmen und können helfen, die Aufmerksamkeit auf den Blick zu lenken, selbst wenn die Augen nicht klar erkennbar sind.

 

Es gibt Grenzen

Für alles gibt es Grenzen – vielleicht für die Liebe nicht, aber ganz sicher für die Größe eines Portraits. Immer wieder erhalte ich Anfragen zur Personalisierung eines Schlüsselanhängers mit einem Mini-Portrait eines Tieres. Ich freue mich sehr darüber, muss jedoch auch immer wieder darauf hinweisen, dass das Mini-Portrait niemals so ausdrucksstark und detailreich sein kann wie ein „richtiges“ Portrait. Ich bilde die wichtigsten Merkmale ab und fange den Gesamteindruck ein, um Eurem Liebling gerecht zu werden. Ein paar Beispiele dazu findet Ihr in der Bildergalerie.

 

Ein herzliches Dankeschön an Sandra, dass ich auch das Originalbild von Ludwig hier zeigen darf.

Gedanken zum Abschluss

Ich habe immer Herzklopfen, wenn ich ein Portrait brenne – es geht nicht nur darum, dass Du Dein Tier wiedererkennst oder es gut aussieht, sondern auch darum, ob Du es fühlst.

 

Wenn ich meinerseits das Gefühl habe einem Bild nicht gerecht werden zu können, so muss ich ehrlicherweise ablehnen. Es ist noch nie vorgekommen, aber ich war schon nah dran.

 

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